Kasachstan - unterwegs auf der Weltreise 2018

Andas Batyr - Merke - Taraz - Shymkent - Türkistan - Baikonur - Aqtöbe - Qandyagh - Muqyr - Qulsary - Beyneu - Aktau
(24.06.-05.07.2018)

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24.06.2018: Nur einen Steinwurf vom kirgisischen Zoll entfernt ist der kasachische. Wie schon öfters regnet es auch an diesem Zoll wieder einmal. Auch die Einreise nach Kasachstan verläuft reibungslos, braucht aber etwas mehr Zeit als die Ausreise aus Kirgistan, da noch einige LKW vor uns sind. Alle Beamten am Zoll verhalten sich ganz korrekt. Ein Beamter untersucht mit viel Interesse das Auto, speziell das Fahrerhaus und findet dort Sachen, von denen wir gar nicht mehr wussten, dass die im Fahrerhaus sind.

Gleich nach der Grenze werden wir wegen einer Autoversicherung angesprochen. Wir folgen den jungen Männern und können in einem kleinen Büro, wo auf einem Bett auch ein Besoffener seiner Rausch ausschläft, eine Versicherung abschliessen. Auch Beeline SIM-Karten haben sie und so kaufen wir die auch gleich hier. Die Versicherung haben wir gleich, aber bis die SIM funktioniert braucht es mehrere Anläufe, aber nach 1.5 Stunden klappt auch das.
Auf geht's ins Auto. Wir rollen gerade langsam los als uns eine sturzbesoffene Frau vors Auto torkelt. Da man ja hier immer mit allem rechnen muss, kann Tobias ausweichen. Wir fahren weiter und merken schon bald, dass wir von einem Polizeifahrzeug mit einer Radarkanone vorne drin verfolgt werden. Da wir uns aber an die Geschwindigkeit in der sinnlosen 40er Zone halten, verlieren sie nach ca. zwei Kilometern das Interesse, überholen uns und kehren dann um.

Immer wieder hat es dunkelgraue Wolken und heftige Winde, aber wir erwischen nur wenige Regentropfen. Die Strasse verläuft noch am Gebirge entlang, es wird aber insgesamt schon flacher. Die Dörfer liegen weiter auseinander.
Die flachen Häuser mit ihren Hut-artigen Dächern sehen von weitem aus wie Jurten. Und tatsächlich wurden hier schon zur Sowjetzeit auch Nomaden für ihr Winterquartier angesiedelt. Auf grossen Flächen wird Getreide angepflanzt und der Wind treibt die goldfarbenen Ähren in Wellen vor sich her.
Wir fahren noch ein Stück weiter und stellen uns abseits der Strasse auf ein Stoppelfeld.
 
25.06.2018: Wir fahren bis Türkistan, eine Stadt mit historischer Bedeutung, vor allem für Moslems. Das dreimalige Pilgern zum Mausoleum Khoja Ahmed Yasawi ist gleichwertig wie eine Pilgerreise nach Mekka.
Wir gehen zuerst Tenge am ATM beziehen und besichtigen dann die grosse UNESCO Anlage, in der verschiedene Museen, das Mausoleum und die Moschee sind.
Wir haben das Auto in einer Seitenstrasse beim Mausoleum abgestellt und beschliessen hier für die Nacht stehen zu bleiben.
 
26.06.2018: Da wir noch eine gewaltig lange Strecke in Kasachstan zu fahren haben, wollen wir heute einfach Kilometer hinter uns bringen. Die Landschaft verändert sich nicht gross.
Die Getreidefelder die gestern noch reizvoll waren, sind mit der Zeit in immer wiederkehrenden Wiederholungen nicht mehr so prickelnd. Dafür ist heute der Himmel umso spektakulärer. Wolken türmen sich in den tollsten Formen in Weiss- und Grautönen auf und verändern sich wieder. Gegen Abend fahren wir einen Weg in die Steppe hinein zum Übernachten.
 
27.06.2018: Auch heute fahren wir solange wir es aushalten. Die Landschaft verändert sich wenig.

Alle paar Kilometer tauchen neben der Strasse oder in der Ferne Friedhöfe auf. Mit ihren Kuppeln über den Gräbern sehen sie von weitem wie kleine Dörfer aus.
Gegen Mittag kommen wir bei Baikonur vorbei. Leider kann der Weltraumbahnhof und auch der Ort nicht so einfach besucht werden. Das Gebiet ist an Russland verpachtet und man muss sich mehrere Wochen vor dem Besuch anmelden. Scheinnbar ist die ganze umliegende Gegend verseucht von den giftigen herunterfallenden Raketenteilen.
Die ersten zweihöckrigen Kamele kommen aus der Wüste zu den Wasserstellen, wo auch Pferde, Kühe und Schafe trinken.
Die Kamele verlieren jetzt ihr Fell und sehen "halb angezogen" ganz lustig aus.
Die Strasse verläuft immer noch neben der Bahnlinie und Tobias freut sich über jeden langen Güterzug, der durch die Steppe schleicht.

Auf einem Rastplatz hält neben uns ein LKW und der Fahrer interessiert sich für unsere Weltkarte. Nach dem üblichen wer?, woher?, wohin? schenkt er uns eine Fischbüchse mit Kasachischem Fisch und eine Flasche kaltes Wasser. Er winkt zum Abschied freundlich und fährt in die Gegenrichtung weiter.
Auf einen Abstecher zum Aralsee verzichten wir. Auf der Landkarte sind zwar noch als Attraktion die Schiffwracks eingezeichnet, doch wir haben erfahren, dass diese gar nicht mehr existieren.

Wir übernachten wieder in der Steppe.
 
28.06.2018: Heute haben wir unseren nördlichsten Punkt Aktöbe in Kasachstan erreicht. Zum Vergleich: Aktöbe liegt auf der Höhe von Bonn und wir müssen nach Aktau, Höhe Südfrankreich. Wir biegen also ab nach Süden. Die Strasse wird deutlich schlechter. Wie eine Ente im Watschelgang versinken wir entweder rechts oder links in einer tiefen Bodenwelle und ein zügiges Vorwärtskommen ist kaum noch möglich.
Wir fahren noch ein Stück, überwiegend auf dem schottrigen Seitenstreifen, bis Alga und kaufen dort in einem kleinen Supermarkt noch ein. Der Ladenbesitzer freut sich, dass wir bei ihm einkaufen und schenkt uns eine grosse Flasche Kwass und Sonnenblumenkerne. Wir bleiben in einem kleinen Wäldchen ausserhalb des Ortes stehen.
 
29.06./30.06./01.07.2018: Der Ritt durch die heisse und staubige Hölle.

Zuerst geht es noch ein paar Kilometer auf der ausgebeulten Teestrasse weiter und wir nehmen überwiegend den Seitenstreifen, weil es dort weniger schüttelt. Bei Qandyaghash müssen wir nach Südwesten abbiegen und ab hier wird es ernst. Die sogenannte Hauptstrasse existiert nur noch auf der Landkarte. Die "Strasse" ist mit riesigen Löchern, abgebrochenen Rändern und Fahrrillen, mit hohen Teerwulsten, dass unsere Bodenfreiheit kaum ausreicht übersät und ein umfahren ist sehr oft gar nicht möglich.
Neben der Strasse befinden sich die Ausweichpisten. Meist fünf oder mehr Spuren nebeneinander und man muss erst ausprobieren, welche davon am besten befahrbar ist. Ausgefahrene staubige Löcher wechseln sich auch hier mit tiefen Rillen ab. Dazu kommt noch, dass es sehr, sehr staubig ist. Muss man vor einem Loch abbremsen, überholt einen die Staubwolke von hinten. Man muss sich also entscheiden, Strasse oder Piste: Pest oder Cholera.
Mir macht meine Schulter bei dieser Rüttelei zu schaffen und ich lege mich für einige Zeit in die Wohnkabine aufs Bett bis sich die Beschwerden etwas verringern.
Es ist heiss, wir schwitzen und am Abend sehen wir aus wie paniert. Und nicht nur wir, auch unser Onkel Benz hat überall eine dicke fein pulvrige Staubschicht und es knirscht und quietscht bei jeder Bodenwelle.
Wir sind meistens alleine unterwegs. Die Lastwagen welche hier unterwegs sind, sind alles alte Russischer Lastwagen. Diese sind anscheinend noch so stabil gebaut, dass sie hier unterwegs sein können ohne Schaden zu nehmen. Am Anfang haben noch wenige Baustellenfahrzeuge gekreuzt, aber irgendwann sind auch sie verschwunden und wir sind ganz alleine in der endlosen, trockenen Steppe unterwegs.
Die Landschaft ist seit hunderten von Kilometern unverändert: staubig, trocken, braun. Nicht einmal eine Stromleitung stört diese Öde. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 15 km/h quälen wir uns 7 bis 8 Stunden pro Tag über die Pisten und sind am Abend noch nicht viel weiter gekommen.

Wir ärgern uns, dass wir nicht die 600 km Umweg über Oral und die Teerstrasse genommen haben. Anscheinend sind alle anderen schlauer.
Es wird von Tag zu Tag heisser. Alle 15 Minuten trinken wir etwas und am Nachmittag, wenn die Hitze am grössten ist, haben wir ca. 50 Grad im Fahrerhaus und das Trinkwasser ist so heiss, dass es gerade noch trinkbar ist. Das Riffelblech auf meinem Fussschemel ist so heiss, dass ich nicht mehr barfuss darauf stehen kann. Da hier eine trockene Hitze herrscht, sind die hohen Temperaturen aber doch halbwegs auszuhalten.
Endlich an einem Übernachtungsplatz angekommen, ist auch in der Wohnkabine alles warm bis heiss mit 43 Grad. Kaltes Wasser gibt es keines und auch die Dusche ist nicht erfrischend. Zahnpasta und Cremen etc. sind warm und weich.
Ab und zu führt die Strecke durch Öl-Pipeline Stationen. Das Öl scheint hier aus dem Boden zu kommen. Hab Erdöl im Garten... frei nach Reinhard Mey...
Endlich sehen wir in der Ferne am Horizont die Autos auf der Asphaltstrasse hin und her flitzen. Die Stimme von Doris aus dem Navi verkündet "noch 2 km bis zum Wegpunkt". Die 2 km scheinen ewig lang zu sein, denn die Piste und Strasse sind noch einmal extrem schlecht und kaum zu bewältigen. Aber irgendwann haben wir auch das geschafft und sind auf der Strasse.

Auf glattem Asphalt gleiten wir geräuschlos die restlichen Kilometer bis zu einem Truckstopp zum Übernachten.
 
02.07.2018: Auch heute ist wieder ein reiner Fahrtag, zum Glück auf guten Teerstrassen. Wir finden einen Übernachtungsplatz abseits der Strasse hinter einem Hügel.
 
03.07.2018: Es sind nur noch etwa 160 km bis Aktau und wir hoffen vor 12 Uhr am Hafen zu sein. Unterwegs fahren wir noch durch eine tiefe Senke, gemäss Tafel am Strassenrand sind es 116 m unter dem Meeresspiegel.

15 Minuten vor 12 Uhr kommen wir an und erfahren, dass morgen oder übermorgen eine Fähre ankommt bzw. abfährt? Wir melden uns für die nächste Fähre an und werden per Handy informiert, wenn es soweit ist.
Danach fahren wir in eine Autowerkstatt wegen einem neuen Drucklufthorn. Das jetzige Horn ist aus Plastik und ist sehr unfachmännisch montiert, so dass eines der zwei Hörner durch die Vibrationen während der Fahrt abgebrochen ist. Tobias und Sergei fahren durch die Stadt auf der Suche nach einer passenden Hupe. Aber leider gibt es hier nur Hupen mit eingebautem Kompressor, wir brauchen aber eine ohne Kompressor.

Wir fahren zum öffentlichen Strand vor dem es grosse Parkplätze gibt. Nach einer Erfrischung lechzend stürzen wir uns ins Wasser. Die Enttäuschung ist gross, denn das Wasser hat am Rand sicher 35 Grad. Man muss weit, weit raus laufen bis es endlich etwas kühler wird. Wir bleiben lange bis zum Hals im Wasser stehen bis wir abgekühlt und aufgeweicht sind. Wir beschliessen hier stehen zu bleiben.
Gegen Abend füllt sich der Parkplatz, die Hiesigen kommen ans Meer und es steht Stossstange an Stossstange und im Wasser Mensch an Mensch. Als die Sonne untergeht wird es recht feucht, unsere Fenster beschlagen und wir haben schliesslich 80 % Luftfeuchtigkeit.

Die Nacht ist recht unruhig, es dauert lange bis sich der Parkplatz wieder geleert hat. Und als er endlich leer ist kommen die Besoffenen und die High-Speed-Hakenschlager mit ihren quietschenden Reifen.
 
04.07.2018: Nach wenig Schlaf frühstücken wir erst einmal gemütlich und wollen dann tanken, Auto waschen und einkaufen.

Es ist 12 Uhr als wir vom Hafen angerufen werden, dass wir spätestens um 14 Uhr am Hafen sein sollen. Somit ist nur noch tanken auf dem Programm und dann direkt zum Hafen. Wir kommen ca. 13 Uhr an und es sind schon andere Touristen da, die uns aufklären, dass das Büro wegen Mittagspause noch geschlossen ist.

Ausser uns ist noch ein polnisches Paar auf Hochzeitsreise da. Sie sprechen auch russisch und versorgen uns fortan mit Informationen. Ausserdem sind dabei zwei Engländer, die einen malaysischen Velofahrer durch die trockene heisse Steppe mitgenommen haben. Ein italienischer und kanadischer Backpacker sind auch da, sowie ein amerikanischer Diplomat in Astana lebend, der als Backpacker auch nach Baku will und ein südkoreanischer und zwei litauische Motorradfahrer. Daneben auch noch 6 LKW-Fahrer aus Kasachstan, Georgien und der Türkei.

Endlich wird der Schalter geöffnet und eine wilde durcheinander Lauferei beginnt. Von den Offiziellen kann keiner Englisch und so erhalten wir auch kaum Informationen. Aber schlussendlich werden wir und das Auto gebucht, dann bezahlen wir die Bearbeitungsgebühr, später die Personen Tickets und dann erst mal warten.

Viele Falschinformationen machen die Runde, das soll auch so bleiben während der ganzen Überfahrt. Wir gehen erst mal mit den anderen ins nahe Cafe etwas essen und plaudern. Es wird eine WhatsApp Gruppe Ferry Team gebildet und man will sich bei Neuigkeiten gegenseitig verständigen. Ein Teil der Gruppe geht an den Strand, andere in ein Hotel und wir bleiben auf dem Parkplatz am Hafen. Niemand weiss wie es weiter geht.

Es ist 22 Uhr, wir wollen gerade ins Bett gehen als wir die Info bekommen: "spätestens um 2 Uhr am Hafen", blöde Zeit. Wir stellen den Wecker auf 0.30 Uhr und schlafen ein wenig. Kurz vor halb eins dann die Nachricht, dass es schon vorher los ginge, der koreanische Motorradfahrer sei bereits auf der Fähre und schon klopft auch Jakub an unsere Tür. Wir steigen in die Kleider und fahren rüber zum Gate. Tobias als Fahrer rennt für zig Stempel und Unterschriften von Büro zu Büro. Dann ist das Auto im Hafengebiet und wir können vorerst nicht mehr zu ihm.
Jetzt heisst es warten, warten, warten. Die Fähre ist noch nicht mal angekommen. Um 3 Uhr heisst es, sei die Passkontrolle, nichts. Neue Info, die Person sei noch nicht da, kommt um 4 Uhr, wieder nichts. Warten, warten, warten. Einzelne schlafen ein. Es hat nur zwei Bänke ohne Rückenlehne und so wird halt auch im Freien auf dem Boden geschlafen. Andere sind noch wach und machen Witze über den teuren Ticketpreis von 80 USD pro Person, dass uns für das Geld eine 1. Klasse Kabine mit Aircondition und Swimmingpool erwartet. Einige andere meinen zu wissen, dass es nur Massenlager gibt. Einen Vorteil hat das Ganze, es ist nachts angenehm kühl draussen auf der Bank.
 
05.07.2018: Es beginnt zu dämmern, wird hell und um 6 Uhr trifft die Fähre in Aktau ein. Weiter warten, warten, warten. Das Cafe, das auf seinem Schild Werbung für 24 Stunden Öffnungszeit macht, ist leider noch geschlossen. Um 9 Uhr macht es auf und wir gehen frühstücken. Wir sind gerade fertig mit Essen als jemand hereingestürmt kommt und verkündet, dass jetzt die Passkontrolle sei. Dort nimmt man es ganz genau und es dauert bis wir durch sind.
Jetzt sind wir wieder beim Auto und können auf die Fähre fahren. Es sind nur wenige Fahrzeuge, LKWs und Passagiere.
Wir erklimmen die steilen Eisentreppen und auf der Suche nach der Rezeption laden wir in der Küche. Der junge Koch lacht und lässt uns passieren und begrüsst uns ab dann mit "my friend". Wir bekommen die Bord-Aserbaidschan Zeit mitgeteilt (eine Stunde weniger), Bettwäsche und eine Kabine. Die Dame von der Rezeption zeigt sie uns und macht noch eine kleine Führung zum Speisesaal.
Das Schiff ist Baujahr 1985 und hat seine beste Zeit hinter sich. In seinen guten Jahren war es wohl noch auf der Ostsee unterwegs, denn im noch vorhandenen Spielkasino sind die Automaten noch auf Deutsch und in DM angeschrieben. Seit 1985 wurde wohl nichts mehr gemacht, anscheinend auch nicht viel geputzt.
Unsere Kabine: Etagenbetten mit Matratzen Härtegrad Parkbank, WC, Dusche und Bullauge. Also fast Luxus pur, nur mit der Aircondition klappt das leider nicht so, es hat gefühlte 45 feucht heisse Grade. Verschwitzt steigen wir unter die warme Dusche, abtrocknen bringt nichts, man ist sofort wieder nass.

Es gibt Mittagessen im stickig warmen Speisesaal und der Raum ist heisser als das Essen. Wir flüchten nach dem Essen aufs schattige Deck. Um 12:30 nach 22 Stunden Wartezeit laufen wir aus. Auf dem Deck schlafe ich erst einmal erschöpft auf einer Decke auf dem Boden ein. Die Kabine ist danach ein wenig abgekühlt und wenn man die Tür offen lässt, kann man es aushalten. Wir schlafen im Bett nochmals ein paar Stunden, gehen dann zum Abendessen und wieder an Deck.
 
06.07.2018: Obwohl die Nacht heiss war, konnten wir doch relativ gut schlafen. Tobias hat zeitweise den USB-Ventilator laufen lassen... Nach dem Frühstück sitzen wir wieder eine Weile an Deck und plaudern mit den anderen Reisenden und tauschen Reiseerlebnisse aus, bis uns die Nachricht erreicht, dass wir wegen einem Sturm an der Küste wahrscheinlich heute nicht in Baku/Alat anlegen können. Inzwischen kann uns ja fast nichts mehr schockieren - warten wir's ab.
Wir holen unsere Laptops aus dem Auto und schreiben Reiseberichte. Irgendwann am Nachmittag (Zeit spielt keine Rolle mehr) sind wir in der Bucht vor Baku und die Anker rattern an ihren rostigen Ketten ins Meer. Offizielle Infos gibt es nicht, dafür wird jede Menge Seemannsgarn gesponnen und die wildesten Gerüchte kursieren. Die sonst arbeitenden Crewmitglieder werfen sich in Freizeitkleidung und ihre Angelhaken über Bord. An mehreren Haken wird ein Brotbrocken befestigt. Zum Beschweren dient eine rostige schwere Mutter die an einem Nylonfaden hängt. Das Ganze wird dann mit Schwung ins Wasser befördert. Fisch habe ich keinen gesehen und niemand hat einen gefangen.
 
07.07.2018: Es windet stark in der Nacht und kühlt recht ab, was uns gut schlafen lässt. Irgendwann in der Nacht rattern die Ankerketten wieder und ich denke schon es geht weiter, aber offenbar wurden sie nur neu gesetzt. Wir gehen nach dem Frühstück an Deck, aber dort kann man heute nicht bleiben. Es windet heftig und grosse Wellen mit Schaumkrönchen rollen an unserem Schiff vorbei und unsere Brillen sind sofort mit Salzwasser beschlagen. So verziehen wir uns in die Kabine wo die Temperatur inzwischen ganz angenehm ist. Ich schlafe fast den ganzen Tag, habe wohl etwas Nachholbedarf und Tobias schafft am Reisebericht und den Fotos. Bei Essen treffen sich alle wieder, aber es gibt keine Neuigkeiten, denn niemand kann genau sagen wie lange die Wetterlage anhält.
Julita und Jakub, das polnische Paar, sind schon verzweifelt, weil sie nach der geplanten 30 stündigen Überfahrt nur noch 10 Tage Zeit bis nach Warschau haben, die sich nun von Tag zu Tag verkürzt. Die Atmosphäre auf dem Schiff wird immer familiärer. Inzwischen weiss man wer LKW Fahrer, Crewmitglied oder Tourist ist und trotz Sprachbarriere kommt man ins Gespräch und hat Spass.
Trotz der längeren Überfahrt lässt man uns nicht verhungern. Offenbar hat man genügend Hähnchen und Eier an Bord. Denn es gibt (mit einer Ausnahme) mittags und abends Hähnchen: Unterschenkel, Oberschenkel oder gehackt mit Knochen. Dazu Mixed Pickles. Nur die Beilagen wechseln. Mal liegt das Hähnchen auf Buchweizen, gebratenen Suppennudeln, Kartoffeln oder Spaghetti. Davor eine Suppe mit undefinierbaren Zutaten. Zum Frühstück ausnahmslos zwei sehr hartgekochte Eier, Erdbeermarmelade, Sirup mit Honiggeschmack, flüssige Butter, rezenten Frischkäse und Brot. Insgesamt ist das Essen sehr fettig, aber durchaus essbar, aber nicht gerade ein Genuss. Es dient zur Lebenserhaltung und hat seinen Zweck erfüllt, wir haben überlebt.
 
08.07.2018: Kurz nach sechs werden wir wieder vom Rattern der Ankerketten wach. Nach einem verschlafenen Blick aus dem Bullauge stellen wir fest, dass wir uns bewegen, es geht also weiter. Der Wind bläst immer noch, aber nicht mehr so heftig. Wir gehen zum Frühstück und die allgemeine Diskussion über die Ankunftszeit geht wieder los. Wir schalten den Navigator ein und siehe da: die Maschinen geben alles. Sind wir vorher mit ca. 14 km/h getuckert, so rasen wir jetzt mit schwindelerregenden 26 km/h auf den Hafen in Alat zu.
Bevor alle das Schiff verlassen machen wir noch ein Gruppenfoto von uns Travellern und ein Foto vom "golden Boy" genannten Crewmitglied. Wenn er lacht (hier auf dem Foto natürlich nicht), blitzt einem eine Reihe polierte goldene Zähne entgegen.

Es wird 12 Uhr bis wir am Hafen in Alat anlegen. Die Details zu den Preisen der Fähre sind unter Aserbaidschan aufgelistet.
 
 
Fazit Kasachstan: Kasachstan erlebten wir in einer speziellen Situation (wegen Monikas Schulter Problemen) und es war für uns deshalb mehr ein Transitland auf unserer Rückreise. Wir sind nicht die ursprünglich geplante sicher auch interessantere Route gefahren. So haben wir den landschaftlich eher flachen und wenig abwechslungsreichen Teil und die Steppe kennen gelernt. Zudem waren wir sehr zügig unterwegs um die grosse Distanz zu bewältigen und um der Hochsommerhitze zu entkommen. All diese Faktoren zusammen hinterlassen ein wenig erfreuliches Bild. Unter diesen Umständen würden wir nicht noch einmal dorthin reisen wollen. Das mag für andere Landesteile und Reisezeiten anders sein. Mit den Menschen hatten wir kaum Kontakt. Auch nicht mit der gefürchteten Polizei. Die Kasachen denen wir begegnet sind, waren sehr freundlich und hilfsbereit und boten ihre Hilfe z.B. bei Problemen mit der Polizei an.
 
Nach nur 12 Tagen aber 3067 km verlassen wir das riesengrosse Land Kasachstan. Weiter geht unsere Reise in Aserbaidschan.
 
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